Burnout und Du fragst Dich was tun als Partner. Vier Jahre nach dem Burnout treibt es mir noch immer die Tränen in die Augen. Vor allem wenn ich daran denke, was mein eigener Partner in dieser Zeit durchgemacht hat.
Denn das einzige, was Du als Partner tun kannst ist re-agieren. In den jeweiligen Momenten aufzufangen und damit umzugehen, was mit Deinem Partner geschieht oder er Dir entgegnet. Mit offenen Augen, mit offenen Ohren und mit einem ganz offenen Herzen. Mit Liebe und mit Verständnis. Auch wenn Du als Partner nichts von dem verstehst, was da gerade in dem anderen vorgehen mag.
Das wichtigste ist, dass Du Dir bewusst machst, dass Dein Partner gerade leidet wie ein Hund. Weil er selbst keine Ahnung hat was mit ihm passiert.
Auch wenn Du das Gefühl hast, dass Du auf einmal mit einem ganz anderen Menschen zusammen lebst, kann ich Dir sagen: der Mensch, den Du liebst, ist immer noch da. Aber er kann seine Gefühle gerade nicht greifen. Seine Freude ist weg. Seltsam unbeteiligt steuert Dein Partner ziellos durch den Tag – und wirkt auf dich fremd.
Ein bisschen ist er wie ein Auto, dessen Warnleuchten zu lange ignoriert wurde. Denn dass der Tank bald leer ist, war schon lange klar. Nur dass man es eben verpasst hat zur Tankstelle zu fahren. Bis man stehenbleibt. Alle Energie ist weg. Aus die Maus.
So war das auch bei mir. Ich habe erfolgreich alle Signale ignoriert. Ich habe weitergemacht und bin weiter gerannt und habe die Warnungen meines Körpers ignoriert. Ständige Kopfschmerzen, Erschöpfungsgefühle, Herzrasen, Magenbeschwerden. Habe diesen andauernden Druck auf der Brust einfach ignoriert und weggelächelt.
Nach und nach fehlte mir die Luft zum Atmen. So wie dem Auto das Benzin zum Weiterfahren. In beiden Fällen kommt alles zum Stehen. Nichts geht mehr. Und schon gar nicht weiter. Game over.
Was tun als Partner?
Doch was tun als Partner? Es ist unglaublich schwierig mit dieser neuen Situation umzugehen, weil Du genauso wenige Ahnung von all dem hast, was da los ist, wie der Betroffene selbst.
Auch mein eigener Partner war völlig hilflos. Mir gegenüber hat er sich das aber nie anmerken lassen. Ich bewundere ihn noch heute für alles, was er intuitiv richtig gemacht hat. Er war meine größte und wichtigste Stütze in den härtesten Monaten meines Lebens. Er war dieser letzte leuchtende Stern am kalten und tiefschwarzen Himmel. Er hatte niemand, mit dem er sich hätte austauschen können oder von dessen Erfahrungen er hätte profitieren können.
Weil ich das mit meinem Partner so erlebt habe, möchte ich Dir gerne sagen, was mir als Betroffene damals gut getan hat – und was Du für Deinen Partner Gutes tun kannst. Du wirst überrascht sein wie simpel diese Dinge oft sind. Schwierig ist, den langen Atem zu haben. Denn diese Phase hält nicht nur eine Woche an, sondern kann Monate dauern. Ich kann Dir ganz klar sagen: Ohne die Liebe und das Durchhaltevermögen meines Partners, hätte ich nicht das Durchhaltevermögen für meinen Heilungskampf gehabt. Mein Partner hat mir gegeben, was ich mir selbst in diesem Moment nicht geben konnte.
Burnout – was tun als Partner
Sei da & nimm Dir Zeit
Der erste Tipp, den ich Dir an die Hand geben möchte ist ganz einfach: sei da. Verbringe die Zeit, die möglich ist, mit Deinem Partner. In dieser Zeit musst Du nichts tun. Du musst nicht einmal viel reden. Sondern einfach nur da sein. Im gleichen Raum, nicht im gleichen Haus! Wenn mein Freund nach einem Arbeitstag nach Hause kam, saß ich immer auf der Couch oder lag im Bett. Meist lief der Fernseher und ich habe in die Leere gestarrt. Schön gemütlich einen Film zu schauen, war nicht. Der Inhalt kam eh nicht bei mir an. Aber es lief halt. Er hat mich begrüßt und er sich dann zu mir gesetzt. Er hat alles gelassen wie es war. Nicht umgeschaltet. Manchmal hat er gefragt ob ich reden möchte. Egal wie ich geantwortet habe, er ging darauf ein. Entweder hat er zugehört oder akzeptiert wenn ich nichts sagen wollte. Irgendwann kam dann mal die Frage ob wir eine DVD einlegen wollen. “Ist mir egal” war wohl meine Standardantwort. Er hat bewusst keinen Action-Baller-Film gewählt, sondern etwas, das mir sonst immer gefiel oder eine Serie, die wir gerne zusammen gucken. Ob ich immer viel davon mitbekommen habe, weiß ich ehrlich gesagt gar nicht mehr. Aber er war da.
Höre zu – und zwar richtig
Fange an richtig zuzuhören. Vielleicht musst Du das komplett neu lernen und Dich darauf einlassen. Stelle Deine Fragen mit Sensibilität und frage bitte nicht “Wie geht es Dir”. Denn immer wenn diese Frage kam, hätte ich jedem – egal wer sie gestellt hat – eine Bratpfanne über den Kopf ziehen können. Warum? Weil ich die Frage nie beantworten konnte. Die Frage erzeugt Druck und das Erwartungsgefühl endlich “gut” antworten zu können. Aber von gut war ich soweit entfernt wie meine Couch von der chinesischen Mauer.
Höre zu. Frage, ob Du Dich dazu setzen darfst. Ob Dein Partner Lust auf etwas Bestimmtes zu essen hat. Vermutlich hörst Du an 30 aufeinanderfolgenden Tagen und länger ein “keine Ahnung”. Aber höre dennoch nicht auf zu fragen. Mit Konsequenz und Diszplin zahlst Du langfristig auf das Gefühlskonto Deines Partners ein.
Wenn allerdings ein “lass mich alleine” kommt, dann kannst Du nachfragen ob es wirklich gewünscht ist und dann sagst Du “mache ich, ich bin in einer Stunde wieder bei Dir und so lange bin ich im Keller/Schlafzimmer/Wohnzimmer/Küche, falls Du mich brauchst”. Bitte verlasse nicht das Haus. Und in einer Stunde setzt Du Dich wieder dazu oder kochst in dieser Zeit für euch. Auch wenn der Satz kommt “ich will nichts essen”. Stelle das Essen hin, decke den Tisch für Deinen Partner mit und bitte ihn mit Dir zu essen. Meistens isst der andere dann eben doch mit. Und spürt, dass Du da bist.
Traue Dich Zuneigung zu zeigen
Ja, Dein Partner ist jetzt ganz anders als sonst. Möglicherweise ungeduscht und ungekämmt. Still und in sich gekehrt. Oder auch einfach nur total verheult. So what? Ich kann Dir sagen in diesem Menschen ist es verdammt leer und dunkel. Und wenn Du daran denkst wie das bei Dir als Kind war, wenn sich innendrin alles doof angefühlt hat, dann wolltest Du nur eins: gekuschelt werden. Tue, was geht. Verabschiede und begrüße Deinen Partner mit einem Kuss auf die Stirn, fange an ihn wieder häufiger zu umarmen oder halte einfach die Hand des anderen. Es kann sich für Dich komisch anfühlen, weil vermutlich nichts oder nicht viel zurück kommt. Das liegt null an Dir, sondern an der absoluten Unsicherheit der kompletten Situation des anderen. Aber ich kann Dir eins sagen: es gab für mich nichts Schöneres als diese Umarmungen und die Stirnküsse. Auch wenn ich das damals nicht zeigen oder sagen konnte.
Klar, Sex ist jetzt Nebensache. Aber das heißt nicht, dass es nicht dazu kommt. Dein Partner muss sich bei Dir richtig wohl und geborgen fühlen, dann können die restlichen Gefühle kommen. Auch hier kann ich rückblickend nur sagen, dass ich die Liebe meines Partners durch seine Berührungen spüren konnte. Dadurch war ich mir sicher, dass es zumindest noch einen Menschen auf dieser Welt gibt, dem ich etwas Wert bin. Denn ja, ich war mir in dieser Zeit selbst nichts wert. Wie auch. Ich war ja nicht mehr ich. Ich konnte nicht mehr lachen sondern nur noch traurig sein und weinen. Ich konnte keine Freude spüren. Ich fühlte mich nicht erfüllt sondern leer. Ich konnte nichts Gutes mehr an irgendwas sehen. Aber ich konnte das Gute spüren, weil es mir gezeigt wurde.
Sei die feste Struktur
Sobald mein Burnout diagnostiziert und die Krankmeldung ausgestellt war, war ich zu Hause und völlig mit mir alleine. Mit mir, den Gefühlen die auf einmal weg waren und der Angst überhaupt nicht zu wissen wie es weitergeht. In dieser neuen Leere war ich nochmals völlig überfordert.
Mein Alltag war auf einmal weg. Keine Termine, keine festen Arbeitszeiten. Nichts. Doch eines gab mir eine feste Struktur: mein Partner kam jeden Mittag um 12.30 Uhr mit einem warmen Tagesessen vom Metzger nach Hause. Jeden Tag für mehrere Monate. Und ob ich Hunger hatte oder nicht (Appetit hatte ich eh nie) war es das Beste, was er für mich getan hat. Damals konnte ich das nicht wahrnehmen und nicht anerkennen. Heute ist es das, was ich jedem Partner empfehle zu tun. Etwas jeden Tag kontinuierlich zu machen. Komme, was wolle. Und das mit einer Mahlzeit zu verbinden ist perfekt, denn ich hätte sonst nichts oder einfach irgendwas gegessen. An Kochen war nicht zu denken, an Einkaufen schon gar nicht. Dazu fehlte mir jegliche Kraft. Aber so bekam ich immer eine warme Mahlzeit unter der Woche und am Wochenende wurde für mich gekocht.
Ob Mittag- oder Abendessen ist völlig egal, aber es ist wichtig, dass der Partner sich auch hier die Zeit nimmt. Und zwar der Partner, nicht die Mutter oder die Tante oder der Bruder oder sonst wer. Der wichtigste Mensch, der dieser Person am nächsten steht. Wenn das der Mitbewohner ist, auch gut. Wenn das die Mutter ist, weil man noch zusammen lebt, dann ist natürlich auch das legitim.
Nimm es Dir nicht zu Herzen
Du bist nicht Schuld am Burnout Deines geliebten Partners. Vielleicht hast Du es kommen sehen, vielleicht auch nicht. Ich war sehr gut darin mich hinter meiner Maske zu verstecken. Mein Partner hat es trotzdem gesehen und mich immer wieder angehalten einen Gang runterzuschalten. Aber weißt Du was? Es hat mich nicht interessiert. Warum? Weil ich der festen Überzeugung war, dass ich wie ein Porsche den Weg entlang rasen kann. Dass ich das schon packe. Dass das jetzt eben mal so sein muss. Nichts hat mich aufhalten können. Keine lieben Worte und auch keine gut gemeinten Ratschläge. Tja, wie heißt es so schön? Wer nicht hören will, muss…. Fühlen! Oder man nimmt ihm eben jegliches Gefühl und zieht den Stecker. Dann fühlt man auch nichts mehr. Aber man kommt ganz schnell zum Stillstand. Mit einer Vollbremsung. Autsch.
Quäle Dich als Partner nicht mit dem Gedanken ob Du etwas anders hättest machen können. Die Antwort ist nein. Aber jetzt kannst Du einfach da sein. Nimm Dir nicht zu Herzen, wenn Dein Partner mal zickig, bockig, oder schnippisch ist. Vielleicht ist er auch teilnahmslos. Denke an das Auto mit dem leerem Tank. Dieser braucht auch viele Tropfen um überhaupt wieder anzuspringen. Genau so ist es beim Menschen. Je mehr Du investierst, umso mehr füllt sich der Tank Tropfen für Tropfen. Und zwar im Hintergrund. Dadurch baust Du im Hintergrund ein Kraftpolster auf, das Du stetig füllst. Das ist eine Investition in Deine Partnerschaft und Eure gemeinsame Zukunft. Wenn ihr das schafft, schafft ihr alles!
Sage alle gemeinsamen Termine ab
In der Regel ist Euer gemeinsamer privater Terminkalender voll. Und auch Dein eigener. Hier die Vereinsratssitzung, da die Abendeinladung. Hier der Geburtstag und da der Brunch. Absagen! Alles! Dein Partner hat nicht die Kraft irgendwo hin zu gehen. Und von Deinen privaten Terminen musst Du mind. 95 Prozent nicht zwingend wahrnehmen. Lasse es und nutze die Zeit einfach da zu sein. Für Deinen Partner. Denn immer wenn Du außerhalb der ARbeitszeit (die muss nun einmal sein) nicht da bist, ist es ein Schlag in die Wertkerbe. Dann fühlt sich der Betroffene noch weniger Wert und auch vom geliebtesten Menschen im Stich gelassen. Wäre mein Freund noch hierhin zum Feierabendbier trinken gegangen oder dahin um sich mit Freunden zu treffen, hätte ich mich noch schlechter gefühlt. Weil ich es nicht mal mehr Wert gewesen wäre, dass er Zeit mir mit verbringt. Weil ich ja so eine schlechte Gesellschaft für ihn bin.
Du glaubst nicht welche Gedankenspiele – so absurd sie Dir auch erscheinen mögen – in demjenigen vorgehen. Es sind ja nicht nur die Gefühle weg, sondern in solchen Momenten auch der gesunde Menschenverstand. Daher sage ab, was es abzusagen geht. Oder reduziere auf ein mögliches Minimum.
Schütze Deinen Partner
Halte Besuch von Deinem Partner fern! Ich wollte in dieser Zeit niemanden sehen. Das war mir alles zu viel, zu eng und mit einer zu großen Erwartungshaltung verbunden. Denn jeder, will ja was wissen. Wie es einem geht (Du erinnerst Dich, meine Bratpfannen-Frage), was man Gutes für einen tun kann (die Antwort darauf ist NICHTS….wenn es doch nur so einfach wäre) und überhaupt. Man hat Besuch im Haus und das ist für einen Burnoutler Stress pur. Denn wir fühlen uns mies, hässlich, wertlos, leer, lieblos und überhaupt nicht gesellschaftsfähig. Daher nimm den Druck raus und halte die Leute fern. Das gilt meist auch für die eigenen Eltern. Denn die meinen es ja besonders gut und wollen nur helfen. Aber mit helfen ist hier nichts. Es reicht zu wissen (mit ner schön geschriebenen Karten, oder mal nen Strauß, ner Whatsapp, etc.) dass diese Menschen an einen denken. Nicht mehr und nicht weniger. Und bitte nicht täglich. Und bitte keine Spontanbesuche an der Haustüre. Nichts Schlimmeres als wenn die Türklingel zu hören ist oder das Telefon klingelt. So ging es zumindest mir.
Informiere Dich
Genau das tust Du schon, sonst wärst Du nicht hier gelandet. Ich konnte hoffentlich Deine Frage “Burnout – was tun als Partner” ein großes Stück weit beantworten. Ich empfehle Dir, Dich darüber hinaus zu informieren, zu recherchieren und zu googeln was Burnout eigentlich bedeutet. Ja, mittlerweile gibt es endlos viel Material zu diesem Thema. Alles was Du möchtest, ist ein bisschen von dieser neuen Welt Deines Partners zu verstehen. Versuche ihn zu fragen, aber es kann gut sein, dass er das nicht in Worte fassen kann. Ich konnte es nicht. Nur stückchenweise.
Es gibt zwei tolle Bücher von Betroffenen, die ich Dir empfehle – egal ob als Buch, ebook oder Hörbuch. Einmal Brief an mein Leben und einmal Acht Wochen verrückt.
Diese Bücher habe ich selbst direkt nach meiner Diagnose gelesen um zu verstehen was da eigentlich mit mir los ist. Ich finde sie für Betroffene und für Partner toll um jenseits der Fachpraxis und Theorien Einblicke in diese neue und unbekannte Phase zu bekommen, und die Gefühlswelt Deines Partners zu bekommen.
Wenn Du noch mehr über meinen Burnout erfahren möchtest, dann sind diese Artikel für Dich bestimmt interessant:
- Der Sonntagshasser
- Wenn die Freude auf einmal weg ist
- Nach dem Burnout – Teil 1
- Nach dem Burnout – Teil 2
- Die besten Burnout Test
Ich wünsche Dir alle Kraft für die bevorstehende Zeit und weiß, dass ihr das gemeinsam schafft, wenn Du mit diesen kleinen Tipps mitanpackst. Von Herzen alles Gute für Euch!
Teilen via:
The post Burnout – was tun als Partner? appeared first on happyich.